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Der Wald braucht mehr Totholz für die Artenvielfalt

Totholz gehört zu den artenreichsten und wichtigsten Lebensraumelementen im Wald. Entsprechend hat die Menge an Totholz grosse Auswirkungen auf die Artenvielfalt. In den intensiv bewirtschafteten Wäldern im Mittelland ist Totholz aber selten, weil die meisten Bäume geerntet werden, ehe sie alt sind und absterben. Zum Schutz und Erhalt der Biodiversität ist es daher nötig, dass im Wald vermehrt Totholz belassen und gefördert wird. Das Forstamt Thurgau zeigte an einer Medienkonferenz im Forstrevier Kreuzlingen das vielfältige Leben in einem totholzreichen Wald und erläuterte den Stellenwert von Totholz für das Waldökosystem sowie die Massnahmen, mit denen man im Thurgau versucht, den Totholzanteil zu erhöhen.

Totholz, also abgestorbene, stehende oder liegende Bäume und Baumteile, gehört zu den artenreichsten und wichtigsten Lebensraumelementen im Wald. Rund ein Viertel aller im Wald lebenden Arten ist auf Totholz angewiesen, um zu überleben. Darunter beispielsweise 2700 Grosspilze, 150 Flechten- und 1700 Käferarten sowie unzählige weitere Insekten. Dazu kommen diverse Vögel, Fledermäuse oder Reptilien, die sich wiederum von totholzbewohnenden Insekten ernähren oder selber in Totholzstrukturen hausen. Totholz ist damit ausserordentlich wichtig für ein gesundes, vielfältiges Waldökosystem.

Alte, totholzreiche Waldstrukturen fehlen
In den intensiv bewirtschafteten Wäldern im Mittelland ist Totholz selten, weil die meisten Bäume gefällt werden, ehe sie alt sind und absterben. Mit durchschnittlich 120 Jahren sind die Bäume ausreichend dick aber auch noch gesund. Dann ist das Holz am wertvollsten und wird geerntet. Natürlicherweise könnten die Bäume und Wälder aber um ein Vielfaches älter werden. Richtig alte, totholzreiche Waldstrukturen fehlen heute im intensiv bewirtschafteten Wald im Schweizer Mittelland praktisch gänzlich. Im Thurgau ist der Totholzanteil besonders gering. Gründe für das wenige Totholz in unseren Wäldern sind der vergleichsweise geringe Waldanteil, der grosse Privatwaldanteil mit den vielen Waldbesitzern und den kleinen Parzellengrössen sowie die guten Walderschliessungen und die entsprechend flächig intensive Waldnutzung. Gemäss dem Bundesamt für Umwelt (BAFU) ist der Mangel an Totholz eines der grössten ökologischen Defizite im Schweizer Wald. Viele auf Totholz angewiesene Arten sind heute gefährdet, weil ihr Lebensraum fehlt. Zum Schutz und Erhalt der Artenvielfalt ist es daher sehr wichtig, dass im Wald vermehrt Totholz belassen wird.

Totholz aktiv schützen und fördern
Im Thurgau bemüht man sich mit verschiedenen Massnahmen, insbesondere mit Schutzgebieten wie Waldreservaten oder Altholzinseln, den Totholzanteil zu schützen und zu erhöhen. Dabei erhält der Waldeigentümer eine finanzielle Entschädigung, dafür verzichtet er im Gegenzug im entsprechenden Waldstück ganz auf die Bewirtschaftung und lässt die Alterungsprozesse ablaufen. Etwas mehr als 400 Hektaren ältere Waldbestände, dies entspricht rund zwei Prozent der Thurgauer Waldfläche, konnten dadurch bisher unter sogenannten Prozessschutz gestellt werden und man bemüht sich, diese Fläche weiter zu erhöhen. Da viele totholzbewohnende Arten aber sehr klein und wenig mobil sind, ist Totholz im ganzen Wald nötig und nicht nur auf isolierten Schutzflächen. Alle Waldbesitzer sind daher angehalten, zugunsten der Artenvielfalt und im Interesse eines intakten, gesunden Waldökosystems nach Möglichkeit einzelne alte und tote Bäume respektive Totholz in ihrem Wald zu belassen. Dies ist mit wenig Aufwand und geringen Einbussen verbunden, hat aber eine grosse Wirkung für die Natur. Totholz soll daher auch nicht als Unordnung im Wald, sondern als wichtiger, natürlicher Bestandteil im Waldökosystem verstanden werden. Viele Waldbesitzer sind sich der Wichtigkeit von Totholz heute bereits bewusst. Der Totholzanteil in unseren Wäldern hat gemäss schweizweiten Erhebungen in den vergangenen 30 Jahren deutlich zugenommen. Trotzdem schneidet der Thurgau im interkantonalen Vergleich schlecht ab und hat noch viel Nachholbedarf.